Was sind die  Probleme der Münchner S-Bahn?

 

Das Münchner S-Bahn-Netz ist zentralisiert.  Alle 7 Linien durchqueren die Innenstadt auf der gemeinsamen Stammstrecke zwischen Laim/Hackerbrücke und Ostbahnhof.  Die wichtigsten Anforderungen sind ein 10-Minuten-Takt auf allen 7 Linien und eine deutliche Verringerung der Störfälle, die zu Verspätungen und Ausfällen führen.

Das kann durch zwei Maßnahmen erreicht werden:

______________________________________________________________________________________________

 

Was ist bis jetzt passiert? 

 

 

Eine 2. Stammstrecke wird benötigt,  da sind sich alle einig.  Dafür gibt es verschiedene Lösungen.  Die am meisten diskutierten sind: 

Die Projektführung für die 2.Stammstrecke liegt bei der DB-Projekt, einer Tochter der Deutschen Bahn AG.  Auftraggeber ist das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT), seit 2013 das Staatsministerium des Inneren für Bau und Verkehr.  Die Finanzierung soll aus Bundes- und Landesmitteln erfolgen. 

Die ursprüngliche Planung in den 90-er Jahren verfolgte die Südringvariante.  2001 wurde eine Vergleichstudie für die Alternativen Südring und Tunnel vorgelegt,  die mit rund einer Milliarde DM damals gleich teuer waren. Man entschied sich für den Tunnel mit Begründungen, die schon damals von vielen Fachleuten widerlegt wurden.   2005 wurde die Planung öffentlich.  Stationen waren gestrichen worden und riesige Baustellen sollten Haidhausen über die ganze Bauzeit verunstalten. Die Kosten stiegen ins Uferlose von ursprünglich 500 Millionen auf 1,85 Milliarden €.

Die eigentlichen Probleme des S‑Bahn‑Netzes würden aber damit nicht gelöst sein. So liegen die Verspätungen, die heute bei der S‑Bahn an der Tagesordnung sind, nur zu einem geringen Teil in der Stammstrecke begründet. Die meisten Störfälle haben ihren Ursprung auf den Außenstrecken. Eine von Stadtrat Dr. Georg Kronawitter für 2008/2009 durchgeführte Auswertung ergibt z.B. einen Wert von 94(!)
Prozent. (Anm.: Auf  MVV-Blog wird die offizielle Störfallstatistik der Bahn angezeigt. Hier ist aber zu beachten, dass wesentliche Störstellen wie Pasing, Ostbahnhof, Laim etc., die durch einen zweiten Tunnel nicht entschärft würden, zum Bereich der "Stammstrecke" gezählt werden. Wenn man die herausrechnet,  ergibt sich der von Kronawitter angegeben Wert!)

Die eigentlichen Engpässe liegen also in den Außenästen des Netzes, wo die allermeisten Störfälle auftreten. Eingleisige Abschnitte, fehlende Ausweichstellen und Mischbetriebe mit dem Fern-, Regional- oder Güterverkehr an ungünstigen Stellen sorgen für betriebliche Verzögerungen, die von dort aus bis in die Innenstadt getragen werden. Der teure Tunnel würde daran nichts ändern und vielmehr den nötigen Ausbau der Außenstrecken noch weiter verzögern. 

Durch die Kostensteigerung war die Wirtschaftlichkeit und damit die Förderung durch den Bund nicht mehr gegeben. Der Widerstand der Bevölkerung in Haidhausen ist erheblich.  Inzwischen wird für den Abschnitt östlich der Isar, also Haidhausen die 3. Planungsvariante vorgelegt.  

Jede der alternativen Lösungen Südring, City-Tunnel und Mischbetrieb wären für wesentlich geringere Kosten und in kürzerer Zeit zu realisieren.

Mai 2009: Endlich wird die seit Jahren von der BI gestellte Forderung erfüllt: OB Ude und Minister Zeil beschließen die Alternative Südring noch mal zu bewerten. Eine Studie wird vom Freistaat und der LHM in Auftrag gegeben.

Am 16.11.2009 wurden das Ergebnis der Studie vorgestellt. Es weist den Tunnel als eindeutigen Sieger mit einem Nutzen-Kosten-Faktor von 1,15 aus. Für den Südring wurden Baukosten von 1,3 Mrd. ermittelt, die mehr als das Doppelte der bisher angegebenen Kosten betragen, was große Verwunderung und Widerspruch ("Tricksen und Täuschen") bei Experten und Politikern hervorrief.

Die Debatte um die richtige Lösung ist somit noch lange nicht beendet. So vermeldet der Münchner Merkur vom 17.11.2009: "....Auch die CSU bleibt skeptisch. Man wolle genau wissen, welche Kosten beim Südring mit eingerechnet wurden und was dort ohnehin saniert werden müsste, erklärte der Münchner CSU-Vorsitzende Otmar Bernhard. Im Landtag sei dazu im Januar eine Anhörung geplant, bei der man auch andere Gutachter zu Wort kommen lassen wolle." Ein von der Bürgerinitiative in Auftrag gegebenes Gutachten bei der Züricher Firma Ernst Basler + Partner kommt zu dem Ergebnis, dass die Kosten des Südrings bei fachgerechtem Ausbau wesentlich geringer sind und demnach der Südring deutlich wirtschaftlicher als der Tunnel sein muss.

Letztlich setzt sich leider die bessere Einsicht bei CSU und FDP nicht gegen die politischen Vorgaben "von oben" durch und es kommt zum neuerlichen Beschluss für den Tieftunnel am 14.4.2010 im Landtag. Der Prozess des "Umdenkens" in den Parteien ist auch sehr schön an der Chronologie der Ereignisse in der Zeit von Februar bis April 2010 zu beobachten.

Die Planungsarbeiten zur inzwischen dritten Tunnelvariante östlich der Isar sind abgeschlossen. Die Planauslegung fand im September 2010 statt. Aus Haidhausen lagen mehr als 1400 Einwendungen gegen den Tunnel vor. Das Anhörungsverfahren wurde in der Zeit von Dez.10 bis März 11 durchgeführt.  Für den Planabschnitt 2 (Innenstadt) liegt Baurecht vor. Am 19.April 2011 wurde am Marienhof mit den sogenannten Vorarbeiten (archeologische Arbeiten) begonnen.

Nachdem der Freistaat und die DB AG eine "Finanzierungsvereinbarung" geschlossen haben, steht noch die Zusage des Bundes für die Übernahme von ca. 50% der Kosten aus. Am 9.9.2011 hat die DB AG die ersten Unterlagen für den Bau der 2. S-Bahn-Stammstrecke beim Eisenbahnbundesamt eingereicht. Laut Bundesverkehrsministerium vom 9.9.2011 stehen im Zeitraum bis 2015 lediglich 94 Millionen Euro zur Verfügung.  Zusagen für die geforderten 50% (ca. 1 Mrd. Euro) gibt es noch keine. Der Termin für die Klärung der Finanzierung wird vom zuständigen Minister Martin Zeil immer wieder hinausgeschoben, zuletzt von Ende 2011 auf Sommer 2012. 

Das Projekt kann also noch immer an der Finanzierung scheitern.

Das Trauerspiel um den Tieftunnel geht inzwischen ins elfte Jahr und wenn man den Aussagen der Politiker glauben darf, wird die endgültige Entscheidung frühestens in zwei Jahren erfolgen.

In dieser Situation ist durch die Zusammenarbeit von Fahrgastverbänden, Interessensgruppen und unabhängigen Experten ein alternativer Plan erarbeitet und am 27.1.2012 der Öffentlichkeit vorgestellt worden.

Nach der Landtagswahl 2013 landet die Zuständigkeit für das Projekt beim Innenminister. Es besteht noch immer kein Baurecht auf allen Abschnitten. Der Innenminister erwartet, dass dies in 2014 der Fall sein wird. Dann soll eine neue Überprüfung der Baukosten erfolgen und die noch immer offene Finanzierung geklärt werden.

In 2015 erfolgt die Planfeststellung für PFA 1 (Laim bis Hbf). Die Baukosten und Finanzierung sollen schließlich in 2016 geklärt werden.  

[zurück]